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Sonys Handheld-Zukunft angefasst

Das muss man Sony lassen. Wo andere Wettbewerber ihre Hardware fest an einen einzigen technologischen Durchbruch knüpfen - sei es 3D, Touchscreen, Online oder ähnliches - hat der japanische Entwickler beschlossen, auf alles zu wetten. Sony packt so ziemlich jedes angesagte Feature plus einige neue in das schmale Gehäuse des PSP-Nachfolgers.

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Wir hatten in London die Möglichkeit, eine Reihe von Games auszuprobieren und auch mit dem Gerät selbst Kontakt aufzunehmen. Es waren zwar nicht die finalen Verkaufsgeräte, aber für einen sehr guten ersten Eindruck reichte das Event auf jeden Fall aus, um das Gerät auszuprobieren, das final Playstation Vita heißt.

Sonys Handheld-Zukunft angefasst

DER LOOK
Ganz kurz gesagt: die Optik begeistert. Aber selbst eine PSV zum ersten Mal in den Händen zu halten, ist großartig. Die Handhelds sind auf dem feinen Sony-Event an HDTV angeschlossenen. Es sind nur Prototypen und ihnen fehlt der Glanz des fertigen Produkts. Dieses Wissen mindert aber nicht das gute Gefühl. Das Gewicht ist durch die Umstände schwer einzuschätzen, aber vom Gefühl her ist die PSV schwerer als ein 3DS, wobei sich das Gewicht über eine größere Fläche verteilt. Wenn es nicht bereits das vertraute Gefühl durch die optisch ähnliche PSP-Hardware geben würde, das Erlebnis hier wäre wie das erste Mal mit einem Iphone. Aber gerade die kleinen Designänderungen von Sony machen einen großen Unterschied.

THUMB-STICKS UND BUTTONS
Zuerst fällt natürlich die Einbeziehung eines zusätzlichen Thumb-Sticks ins Auge. Dadurch fühlt sich Sonys Handheld schlussendlich komplett an, während sich die Hände ganz natürlich um das Gerät schmeicheln. Die Sticks sind nun konvex statt konkav geformt. Damit folgen sie dem Design der klassischen Playstation Dualshock-Controller. Ob es an dem aktuellen Design liegt, weiß ich nicht, aber es bleibt der Eindruck, dass sie abbrechen könnten. Passiert ist das allerdings nicht. Die regulären Buttons sind nicht geformt worden, um sich wie ein Teil des gesamten Gehäuse-Design anzufühlen. Alle vier Knöpfe liegen innerhalb des konkaven Kreises, der sie gemeinsam umschließt, ebenso die Tasten des digitalen Steuerkreuzes. Dadurch berühren wir eher die Kante der Buttons als die ganzen Teile. Zum Glück funktioniert das beruhigend gut, so dass man die Taste alleine durch das Berühren und ihren Winkel und ihre Stellung innerhalb des Kreises erfühlt. Innerhalb weniger Minuten fühlte sich das komplett natürlich an. Ein schöne, wenn auch subtile Neugestaltung.

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DER VORDERE TOUCHSCREEN.
Das 5-Zoll-Bildschirm mit 960 x 544 Pixel Auflösung, das 16 Millionen Farben anzeigt und dessen Auflösung vier mal höher ist als bei der originalen PSP, ist eine Schönheit. Wahrscheinlich wird selbst das arrogante Iphone ein Selbstvertrauensproblem bekommen. Spiele wie Uncharted glänzen durch eine vielfältige Mischung kräftiger Farben, während Reality Fighters, das die hintere Kamera verwendet, um virtuelle Kämpfer auf was auch immer zu projizieren, das Bild in feiner Detailschärfe zeigt. Die Unschärfeprobleme kleinerer Fotohandys gehören damit der Vergangenheit an. Die Touch-Erkennung ist auf Augenhöhe mit dem hohen Iphone-Standard. Es gab zwar bei einem Spiel, über das wir noch nicht sprechen dürfen, eine kleine Verzögerung zwischen Berührung und Aktion, aber die war bei den anderen Titeln nicht präsent. Als wir mit einem Stück Kohle über ein Blatt Papier wischen in den Uncharted-Ruinen, war das jedenfalls so präzise, als ob wir an einem Iphone spielen.

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DAS HINTERE TOUCHPAD
Das verrückte an dem hinteren, berührungsempfindlichen Touchpad ist, dass man dessen Existenz nicht realisieren würde, hätte einem nicht jemand davon erzählt. Man hat den Eindruck, er müsste sich wie eine leicht gummierte Oberfläche anfühlen. Tatsächlich ist da aber eine glatte Oberfläche, mit winzigen Symbolen bedruckt. Es ist nicht zu leugnen, dass es eine Weile braucht sich an die Funktionsweise zu gewöhnen. Man muss lernen, wo die Finger hinten arbeiten, um auf dem Bildschirm vorne das richtige Resultat zu erzielen. Manche Entwickler nutzen das Feature zur Menünavigation. Bei Little Deviants dagegen gehört sie fest zum Spiel, da wir so den Boden zu Hügeln formen, um einen Ball zu seinem Ziel zu rollen. Bei einem anderen Game hauen wir den Gegnern damit auf die Mütze, wenn sie uns den Rücken zudrehen.

Eine Sache, die etwas unnatürlich rüberkam, war das eher nicht machbare bequeme Halten des Handhelds - zumindest bei einigen Spielen. Bei Little Deviants müssen wir das hintere Touchpad an einer von neun gitterförmigen Boxen tippen. Dafür lernt man schnell die nötige Routine, allerdings ist das sichere Treffen der mittleren Box nur durch Umgreifen möglich. Das führte dazu, dass wir die PSV wie ein Iphone benutzt haben - mit einer Hand oben und unten festgehalten am Rahmen, während die andere Hand mit Drücken beschäftigt war. Mal schauen, wie das für Menschen mit kleineren Händen funktioniert oder inwieweit die Entwickler die übliche PSP-Haltegewohnheiten übernehmen.

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NAME, PREIS, VERKAUFSSTART - UND FINALE GEDANKEN
Der finalen Name ist Playstation Vita, der Preis liegt bei 249 Euro bzw. 299 Euro und erscheinen soll das Gerät im Frühjahr. Doch so lange hat sich Sony darauf noch gar nicht festlegt. Der gesunde Menschenverstand würde schließlich diktieren, dass das Gerät PSP2 heißt, wobei Next Generation Portable und ein klarer Unterschied zum früheren Produkt und seinen Problemen ebenso plausibel klingt. Richtigerweise wählte Sony mit Playstation Vita das Rebranding, denn sie haben da eine sehr beeindruckende Maschine. Sie zielt offensichtlich eher in Richtung des Ipad sowie der Tablets und lässt einen Nintendo 3DS ziemlich klobig erscheinen.

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Sony wird (und kann) den Preis des Handhelds allerdings nicht in der Nähe der PS3 ansetzen. Wenn sie die Verkaufsargumente wie Vielseitigkeit und Einsatz als Multimedia-Maschine anpeilen, wird das Gerät am Ende in einer Region landen, die von ziemlich hohen, dreistelligen Zahlen dominiert wird. Nintendo hat mit seiner 3DS-Preisgestaltung gezeigt, dass hohe Preise negative Medien- und Fan-Reaktion zur Folge haben. Mit dem aktuellen Preis können sie Nintendo Marktanteile streitig machen und das Playstation Network-Fiasko ausmerzen.

Während Social Media, Netzwerk- oder Cross-Plattform-Onlinespielen und viele andere Faktoren noch immer nicht im Detail erörtert oder dargestellt wurden (abgesehen von einer Cross-Plattform-Funktion in Wipeout 2048), bleibt das Gesamtpaket wirklich beeindruckend. Indem sie so ziemlich alles Interessante sinnvoll in dem Handheld verpacken, kriegt man hier eine bisher nicht existente Vielseitigkeit. Wir hatten damals Vorbehalte gegen die PSP, weil es an echtem Engagement mangelte und der Konsole irgendwie der Platz im Markt fehlte. Sie war ein halbherziger Versuch. PSV hingegen wischt all diese Vorbehalte sauber vom Tisch.

Der Tag begann damit, dass Sony betonte, diese Veranstaltung drehe sich um die Spiele, nicht um die Hardware. Aber es sind die Möglichkeiten und die Macht unter der Haube, die alle am meisten beeindruckt haben. Bis eine zweite Welle von 3DS-Spielen nicht das Gegenteil beweist, triumphiert die PSV bei der Grafik eindeutig. Dazu ist es ein selbstbewusstes und schickes Teil, das Games bietet, die es so sonst nirgendwo gibt. Der Sony-Handheld hat seinen Platz in der Welt gefunden. Vorausgesetzt der Preis stimmt, sollten Apple und Nintendo in der Tat sehr besorgt sein.

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