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Life is Strange: Before the Storm

Review-Tagebuch zu Life is Strange: Before the Storm

Ein neuer Entwickler erzählt uns die Vorgeschichte zum bewegenden Teenie-Adventure Life is Strange. Anne hat sich die drei Episoden angeschaut und Tagebuch geführt.

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Mit Life is Strange: Before the Storm kehren wir zurück in das gemütliche Arcadia Bay. Während wir zuvor die Geschichte der schüchternen Max verfolgten, widmen wir uns dieses Mal ihrer besten Freundin Chloe. Before the Storm erzählt die Vorgeschichte zum Original, wir bekommen einen Einblick in Chloes Leben, während sich Max in Seattle von ihrer Freundin abschottet. Schafft es das Spiel auch ohne Zeitmanipulation zu begeistern? In unserer fortlaufenden Kritik werden wir uns jede Episode im Detail ansehen und am Ende eine Note vergeben.

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Die Atmosphäre des Spiels orientiert sich stark am Original und das lässt sich besonders am alternativ angehauchten Soundtrack erkennen.

Für die Produktion des Prequels ist nicht das Original-Entwicklerstudio Dontnod Entertainment verantwortlich. Stattdessen übernehmen Deck Nine Games das Steuer und bieten uns eine Vorgeschichte zum Coming-of-Age-Titel. Wir verfolgen die Entwicklung der jungen Chloe Price, die sich aufgrund von persönlichen Gründen und der guten alten Pubertät im Wandel befindet. Unsere vergangene Protagonistin Max ist währenddessen nach Seattle gezogen, wodurch der Kontakt der beiden besten Freunde abbricht. Im selben Jahr stirbt Chloes Vater und für den Teenager bricht eine Welt zusammen. Frustriert und deprimiert bleibt sie auf der Strecke und rebelliert gegen ihr neues Leben.

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Mithilfe von Tagebucheinträgen und Textnachrichten auf dem Handy bekommen wir zusätzliche Informationen über Chloes Vergangenheit, die uns dabei helfen den niedergeschlagenen Teenager und ihre Entwicklung zu verstehen. In ihrer Einsamkeit beginnt Chloe Tagebuch zu schreiben, um ihrer besten Freundin mitteilen zu können, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Die Einträge beginnen fröhlich und scherzend, doch die Hoffnung versiegt mit jedem vergangenen Tag. Nach langer Stille ist dort nur noch Wut und Chloe fühlt sich von der Welt verlassen und ist einsam. Mit einigen kurzen Textpassagen schaffen es die Entwickler dem im Original so bockig wirkenden Charakter eine emotionale Tiefe zu verleihen und das Leid in ihr widerzuspiegeln.

Bereits in der erstes Episode "Awake" deutet sich an, dass wir mit Life is Strange: Before the Storm einen emotionalen Tiefgang in die Psyche von Chloe erwarten können. In Traumsequenzen verarbeitet die junge Rebellin beispielsweise unterbewusst den Tod ihres Vaters und sie tut sich schwer dabei der neuen Schlüsselfigur Rachel Amber, die wir bereits aus dem Original kennen, überhaupt zu vertrauen. Die aufblühende Freundschaft zwischen Chloe und Rachel steht in der ersten Episode im Vordergrund und hält einige schwerwiegende Entscheidungen für uns bereit, die das Leben von Chloe maßgeblich beeinflussen werden.

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In ihrer Einsamkeit beginnt Chloe Tagebuch zu schreiben, um ihrer besten Freundin mitteilen zu können, was in der Zwischenzeit geschehen ist.
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Die Atmosphäre des Spiels orientiert sich stark am Original und das lässt sich besonders am alternativ angehauchten Soundtrack erkennen. Dieser steht oftmals im Vordergrund und wird durch kleine Zwischensequenzen hervorgehoben. Wir haben ebenfalls erneut die Möglichkeit, uns an abgelegenen Orten auszuruhen und durch einen inneren Monolog mehr über die Situation zu erfahren. Life is Strange: Before the Storm beinhaltet also auch die entspannte Stimmung seines Vorgängers. Die einzige und wohl schwerwiegendste Veränderung betrifft die Mechanik der Zeitumkehrung, auf den wir durch den Charakterwechsel keinen Zugriff mehr haben.

Ist das ein Problem für das Erlebnis? Mit aller Deutlichkeit: Nein, ist es nicht. Geschichtlich hätte sich das ohnehin nicht miteinander vereinbaren lassen, da Max der einzige Charakter in dieser Welt ist, der über diese enorme Fähigkeit verfügt. Um den Spielern trotzdem eine spannende Erfahrung zu bieten, erarbeiteten die Entwickler eine passenden Alternative für Chloe, die sogenannte "Widerrede". Die Widerrede steht in bestimmten Gesprächen als zusätzliche Dialog-Option zur Verfügung. Wenn wir uns daran versuchen, müssen wir unseren Gesprächspartner mit Hilfe von schlauen Argumenten oder pumpen Beleidigungen dazu zwingen, sich unserem Willen zu beugen. Treffen wir im Gespräch eine unpassende Antwort, schlägt der Versuch fehl, bei Erfolg setzen wir jedoch unseren Willen durch und dürfen zum Beispiel das geheime Konzert auf der Farm besuchen.

Als Life is Strange 2015 veröffentlicht wurde, stand für mich nicht die Fähigkeit der Zeitumkehrung als hervorstehendes Merkmal im Vordergrund des Erlebnisses. Es war vielmehr Dontnods' Fähigkeit die so divers wirkenden Charakter schlüssig miteinander zu verbinden und mit den Geschichten der Einwohner von Arcadia Bay ein großes Gesamtbild zu erschaffen. Wie es scheint hat sich das neue Entwicklerstudio Deck Nine Games genau dieses Talent abgeschaut und es deshalb geschafft, mich angespannt bis zum Ende der ersten Episode mitfiebern zu lassen. Die angedeutete Geschichte hinter den Ereignissen wirkt vielschichtig und verspricht ähnlich wie beim Vorgänger tiefgreifende Entscheidungen und spannende Spielstunden. Ein Veröffentlichungsdatum für die zweite Episode wurde bisher noch nicht genannt, wir werden aber mit Sicherheit schon bald neue Informationen dazu erhalten.

Erfahrt auf der nächsten Seite unseres Artikels, wie sich das zweite Kapitel von Life is Strange: Before the Storm - "Brave New World" spielt. Wie das Abenteuer für Chloe und Rachel in "Hell is Empty" ausgeht, lest ihr auf Seite drei.

Die zweite Episode von Life is Strange: Before the Storm knüpft direkt einen Tag nach den Ereignissen des ersten Kapitels an. Das von Rachel gelegte Waldfeuer weitet sich immer weiter aus und kommt dem kleinen Arcadia Bay gefährlich nahe. Ständig werden wir an unsere vergangenen Taten erinnert, denn die Flammen bilden in fast jeder Umgebung den Hintergrund. Wie auch zuvor verfolgen wir verschiedene Handlungsstränge in Chloes Leben. Während der unerwünschte Freund ihrer Mutter immer wieder versucht die Oberhand in der Beziehung mit Chloe zu gewinnen, befassen wir uns in der zweiten Episode "Brave New World" vor allem mit unserer neu gewonnenen Freundin Rachel und ihrem persönlichen Dilemma. Dazu kommen eine Vielzahl von Nebencharakteren wie Steph oder Frank, die je nachdem welche Entscheidungen wir zuvor getroffen haben gut oder schlecht auf uns zu sprechen sind.

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Für die Produktion des Prequels ist nicht das Original-Entwicklerstudio Dontnod Entertainment verantwortlich. Aber das fällt gar nicht auf.

Da die zweite Staffel aus gerade mal drei (mit der Bonusepisode vier) Teilen besteht, zieht das Erzähltempo von Deck Nine deutlich an. Zudem werden in dieser Episode viele offene Fragen aus dem ersten Kapitel beantwortet, allerdings werden auch neue Fragen für die darauffolgende Sequenz eingeführt. Life is Strange: Before the Storm „Brave New World" erzählt die wohl bodenständigste, alltäglichste Geschichte der Welt und thematisiert Probleme und Anliegen, mit denen sich fast jeder von uns identifizieren wird. Dass wir nicht mehr als Max Caulfield die Zeit zurückdrehenden dürfen, gestaltet die Geschichte von Life is Strange: Before the Storm in der Tat spannender. Denn Chloe Price ist der Inbegriff des rebellierenden Teenager-Klischees und muss sich all ihren Problemen ganz ohne magische Fähigkeiten oder sonstigen Hilfsmitteln stellen. Lediglich ihre Schlagfertigkeit bietet uns hier und dort einen kleinen Vorteil.

Was mir ein bisschen den Nerv raubte war, dass die Geschehnisse der zweiten Staffel vor denen der ersten spielen. Ohne hierbei allzu wichtige Fakten vorwegnehmen zu wollen, so richtig können wir einige der schönen Momente nicht wirklich genießen, da Spieler des Original Life is Strange bereits wissen werden, welche traurigen Ereignisse sich kurz vor Max' Rückkehr nach Arcadia Bay abspielen. Zwar treibt uns die Neugier, wissen zu wollen, wie es zu den konkreten Vorfällen kam, durchaus an (und vielleicht sind wir gerade durch den Blick in die Zukunft viel eher involviert in das Schicksal der Charaktere), doch nichtsdestotrotz dämmt dieses Wissen die Spannung ein wenig ein.

Die Stärke in der Narrative des Life is Strange-Franchise liegt vor allem in der Darstellung der Figuren. Es gibt weder von Grund auf böse, noch komplett unschuldige Personen, die Arcadia Bay bevölkern und Deck Nine gelingt es auch in diesem Kapitel, einige zuvor so unangenehm wirkende Leute in einem anderen Licht darzustellen, was unsere getroffenen Entscheidungen zusätzlich unterstützen. Es gibt kein richtig oder falsch, alles hat eine Konsequenz und diese sind oftmals nicht einmal annähernd vorhersehbar. Das ist es ja auch, was Life is Strange: Before the Storm ausmacht, seine Unberechenbarkeit.

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Viele offene Fragen werden in Brave New World beantwortet, aber natürlich kommen auch einige weitere hinzu.

Durch die gut geschriebenen Dialoge fällt es uns als Spieler zudem leicht, uns in die Rolle von Chloe und ihrem auseinanderfallenden Leben hineinzuversetzen. So werden wir dazu ermutigt, möglicherweise wage Entscheidungen zu treffen, die wir selbst vielleicht niemals wählen würden. Wenn die Entwickler eines drauf haben, dann ist es der gute Spannungsaufbau. Kurz vor dem Ende der zweiten Episode erlebt der Handlungsstrang aufgrund einer recht eintönigen Spielsequenz eine kleine Durststrecke und zögert somit das unglaublich gute Finale heraus. Trotz alledem klammere ich mich erneut mit angespannten Händen an meinen Controller und starre auf das Episodenmenü, das uns in einigen Wochen die dritte und somit finale Episode zu Chloes Werdegang erzählen wird. Ich bin super gespannt und hoffe auf eine tolle Auflösung.

Auf der nächsten Seite lest ihr wie Deck Nine Games das emotionale Adventure abschließt und mit welchen Gefühlen Anne die Serie hinter sich lässt.

''Hell is Empty''heißt die dritte Episode von Life is Strange: Before the Storm und auch sie schließt direkt an die vergangenen Geschehnisse an. Nachdem wir die Identität der Frau aus dem Park entschlüsselt haben öffnet sich ein neuer Erzählstrang, der uns mit dem üblen Abschaum von Arcadia Bay in Kontakt bringt und uns noch einmal alles abverlangt.

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Das dramatische Finale von Life is Strange: Before the Storm bremst sich dramaturgisch immer wieder aus.

Während wir uns in der ersten Episode vor allem unseren eigenen Problemen widmeten, wandte sich der Fokus im zweiten Drittel Rachel zu. Beim letzten Teil angelangt dient Chloe fast ausschließlich nur noch als Werkzeug von Rachel und wir beschäftigen uns deshalb vorwiegend mit der brenzligen Situation unserer Freundin. Daran ist natürlich nichts auszusetzen, immerhin verläuft der Übergang zwischen diesen beiden Erzählsträngen flüssig und logisch. Trotzdem ist es seltsam, dass wir uns kaum noch mit unserer Mutter beschäftigen, die aufgrund des flüchtigen Umgangs mit ihrer Tochter krank vor Sorge ist, und auch die Spannungen zwischen Chloe und dem neuen Freund ihrer Mutter werden nur am Rande behandelt.

Es scheint fast so als würde sich das Problem der unpassenden Erzählzeiten durch die gesamte dritte Episode ziehen, denn vor allem die Geschichte um die mysteriöse Frau bekommt erst zu viel, im Anschluss viel zu wenig Aufmerksamkeit. Statt uns den eigentlich wichtigen Dingen zu widmen werden wir durch belanglose Nebencharakter in unserem Tatendrang aufgehalten und somit aus der eigentlich so packenden Geschichte herausgerissen. Vor allem das Ende von Hell is Empty ließ mich sehr unzufrieden zurück, denn einige wichtige Sequenzen werden schlichtweg übersprungen und mit einem Zeitsprung vertuscht. Das eigentlich so emotionale Ende wirkt somit stark übereilt und kann dem vollen Potential der Geschichte kaum gerecht werden.

Mit dem Finale der Episode schließen die Entwickler den erzählerischen Kreis und bringen uns nicht nur an den Ort zurück, an dem wir das erste Mal die Rolle von Chloe übernahmen, sondern geleiten uns zusätzlich an den wichtigsten Schauplatz aus der ersten Staffel: dem Leuchtturm. Im Anschluss bekommen wir einen (für Spieler die die erste Staffel bereits gespielt haben) schmerzhaften Ausblick auf die folgenden Geschehnisse und erhalten somit einen flüssigen Übergang zwischen den zwei Spielen.

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Mit dem Finale der Episode schließen die Entwickler den erzählerischen Kreis und bringen uns nicht nur an den Ort zurück, an dem wir das erste Mal die Rolle von Chloe übernahmen.

Für einen noch nahtloseren Übergang soll hierbei die Bonusepisode "Lebewohl" sorgen, in der wir erneut in die Rolle von Max Caulfield schlüpfen und die beiden besten Freundinnen Chloe und Max ein letztes Mal zusammen sehen werden (bevor die Ereignisse vo Life is Strange: Before the Storm eintreten). Anfang 2018 will Deck Nine Games das zusätzliche Kapitel veröffentlichen, Zugang dazu erhaltet ihr jedoch nur, wenn ihr die Deluxe-Edition des Spiels kauft.

Mit ''Hell is Empty'' liefern uns Deck Nine Games ein im Vergleich zu den vergangenen Episoden recht schwaches Ende. Viele meiner Fragen blieben unbeantwortet und die Szenarien, in denen das hätte geklärt werden sollen wurde lieber mit Charakteren und Geschichten gefüllt, die wenig zur eigentlichen Geschichte beitragen und somit überflüssig wirken. Trotz schwächelnder Erzählung zählt Life is Strange: Before the Storm meines Erachtens zu den besten narrativen Videospielen auf dem Markt und schafft es auch in der dritten Episode alltägliche Probleme und die Tücken der rebellierenden Teenager-Phase packend umzusetzen. Die Spielereihe braucht weder fantastische Inhalte noch überschwängliche Inszenierungen um zu überzeugen, denn wir alle können uns in den einzelnen Bruchteilen von Chloes Leben wiedererkennen und uns somit in die Welt von Arcadia Bay hineinversetzen.

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KRITIK. Von Anne Zarnecke

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