Es war echt eine harte Geschichte mit dem Start von Driveclub damals - eigentlich sollte es zum Launch der PS4 erscheinen und was dann nach einem Jahr veröffentlicht wurde, konnte man nur als unfertig bezeichnen. Doch das ließen die Erfinder von Motorstorm nicht auf sich sitzen und reparierten das Spiel schließlich. Die frustrierten Erstkäufer wurden mit Gratis-DLC getröstet und der Season Pass brachte viele tolle neue Strecken, dazu gab es immer mal wieder neue Modi.
Driveclub VR geht nun mit einem guten Paket aus bekanntem Content an den Start. Und den erleben wir zum ersten Mal in einer völlig neuen Dimension, denn das VR-Headset versetzt uns mitten hinein in brachiale Rennen mit hochpreisigen Sportwagen. Hier kommt allerdings auch gleich das erste Problem zum Tragen: Das Internet ist voll von Berichten, dass das Spiel akuten Brechreiz verursacht. Sicher ist Motion Sickness hier ein Thema, denn dem Gehirn zu suggerieren, dass man pfeilschnell durch virtuelle Landschaften rast, während der Körper still sitzt, ist eben etwas heikel.
Ich bin zum Glück nicht ganz so empfindlich und nicht zuletzt kann man die Toleranz für die virtuelle Realität auch trainieren - das Motto lautet aber: Nicht übertreiben. Man sollte die Probleme ernst nehmen und bei ersten Anzeichen von Unwohlsein eine Pause machen. Es gibt aber auch durchaus positive Aspekte dieser vorgegaukelten Bewegung. Wenn einem beim Abtauchen in eine steile Senke der Magen kurz in die Kniekehlen rutscht, hat das durchaus seinen Reiz.
Auch sonst ist das Gefühl, direkt im Cockpit zu sitzen, absolut fantastisch. Und hier kann man auch einiges tun, um der Motion Sickness vorzubeugen. Den virtuellen Sitz sollte man ganz nach oben fahren und im Optionen-Menü die Helligkeit etwa um ein Drittel aufdrehen. Von den drei möglichen Perspektiven sollte man auf jeden Fall die im Cockpit wählen. In Verbindung damit ist es eine extrem große Hilfe, ein Lenkrad und Pedale zur Steuerung zu benutzen. Das scheint den Körper zu "erden" und ist auch sonst ein riesengroßer Spaß in Verbindung mit der VR-Brille, da kann kaum eine Spielhalle mithalten.
An etwas betagtere Spielautomaten erinnert leider dann auch die Grafik ein bisschen, denn sie wirkt sehr pixelig. Driveclub musste von seinen ursprünglichen 30 Bildern pro Sekunde auf 90 gebracht werden, um als Driveclub VR gut zu funktionieren. Dazu musste die Grafik etwas abgespeckt werden, und da auch kaum noch Kantenglättung benutzt wird, vermutlich aus Performance-Gründen, ist die niedrige Auflösung von PSVR sehr auffällig. In den Menüs wurde auch noch eine sehr kleine Schrift gewählt, bei der man dann wirklich die einzelnen Pixel zählen kann, so dass sogar die Lesbarkeit leidet.
Auf der Strecke treten diese Nachteile allerdings ziemlich in den Hintergrund, denn das Spiel in 3D und mit Headtracking zu spielen, ist einfach ein absoluter Traum für Autofreaks. Völlig natürlich blickt man schräg in enge Kurven hinein, benutzt die funktionierenden Rück- und Außenspiegel und reckt den Kopf, um etwas früher über eine Kuppe sehen zu können. Auch den Konkurrenten blickt man je nach Situation mal hämisch, sauer oder auch bewundernd hinterher.
Vom Ablauf her bietet das Spiel so gut wie alles, was man von Driveclub kennt und erwartet. Gutes Fahren wird mit Punkten belohnt, die den Fahrer aufleveln und neue Autos und Lackierungen freischalten. In einem Set aus Events wie Rennen, Zeitfahren und Drift-Wettkämpfen gilt es, Medaillen zu sammeln, bis der nächste Block freigeschaltet ist. Das Ganze kann man auch in einem Club tun, um noch mehr Autos freizuschalten. Freunde und Clubmitglieder kann man mit selbst erreichten Leistungen herausfordern und natürlich Online-Rennen fahren. Etwas schade für Driveclub-Veteranen ist, dass keinerlei Daten aus dem Vorgänger übernommen werden können.
Die Online-Features funktionieren diesmal gleich vom Start weg, allerdings muss man sagen, dass momentan noch ziemlich wenige Spieler unterwegs sind. Das sollte sich aber bald ändern, denn Driveclub VR ist wirklich ein tolles Spiel und bietet für Konsolen-Racer eine ziemlich einzigartige Erfahrung. Mit der Playstation VR beigelegten Demo kann man auch vorher testen, wie der eigene Körper auf das Spiel reagiert - und bei Gefallen über die Anschaffung eines Lenkrades wie dem Logitech G29 Driving Force nachdenken.
Mich persönlich stören noch einige Altlasten von Driveclub. Das ist einmal die Tatsache, dass die KI-Fahrer immer in sehr dichten Packs fahren, das wirkt ziemlich unrealistisch. Noch schlimmer ist aber der Sound, vor allem im Fahrzeug-Inneren. Bei einem Bugatti kann ich mir vorstellen, dass die Entwickler da alles tun, um ihn im Innenraum schön ruhig zu halten - bei einem RUF-Porsche ist das allerdings eindeutig nicht der Fall. Und dass man die gegnerischen Motoren lauter hört als den eigenen, es wirkt ziemlich befremdlich. In einigen Automodellen, vor allem Limousinen, ist es deswegen kaum möglich, nach Gehör zu schalten. Die Entwickler sind sich offenbar diesem Problem bewusst und haben inzwischen ein ausführliches Audio-Menü eingebaut, bei dem man nach Wunsch auf die extern mikrofonierten Motorengeräusche umschalten und einzelne Soundkategorien bedingt in der Lautstärke anpassen kann. Trotzdem wirken die Sounds sehr undynamisch und billig, das gilt auch für Kollisionen, Reifenquietschen und so weiter. Für mein Befinden ist das einer der größten Kratzer im Lack von Driveclub VR.
An zweiter Stelle ist natürlich die Optik zu nennen, die in der Ferne wirklich zum Pixelbrei wird. Dafür fällt einem an der Ziellinie, wo man in Zuschauersicht versetzt wird, regelmäßig die Kinnlade herunter. Die Landschaften sind einfach unglaublich schön und das Gefühl, dank VR direkt live vor Ort zu sein, ist mit Worten kaum zu vermitteln. Ich habe die Hoffnung, dass mit der PS4 Pro nochmal an der Grafikschraube gedreht wird und das Ganze vor allem durch besseres Antialiasing schöner und realistischer wird. Das würde der Erfahrung noch mal einen deutlichen Schub geben.
Hoffen wir einfach, dass Driveclub VR in diesem Sinne die Tugenden seines zweidimensionalen Vorgängers beibehält und sich im Laufe der Zeit konstant immer mehr verbessert. Die Grundvoraussetzungen sind auf jeden Fall höchst vielversprechend.