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Deus Ex: Mankind Divided

Deus Ex: Mankind Divided

Wir haben Adam Jensen in seinem neuesten Abenteuer über die augmentierte Schulter geschaut und viele richtig tolle, aber auch einige schlechte Momente erlebt.

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Deus Ex: Mankind Divided führt uns eine düstere Zukunft vor Augen. Eine Zeit, in der Menschen auf offener Straße schikaniert und bedroht werden oder sogar Schlimmeres passiert. Viele Staaten heißen dieses Vorgehen gut und erlassen Gesetze, die die Stimmung der Bevölkerung legitimiert und mancherorts sogar anheizt. Die Prager Polizei hat über die Jahre massiv aufgerüstet und prägt nun den Alltag der Bürger in einer Dimension, die wir uns heute noch überhaupt nicht mehr vorstellen können. Es sind diese Polizisten, die mich während des Spielens am intensivsten beschäftigen. Diese bis zur Unkenntlichkeit vermummten Kreaturen, versteckt hinter unförmigen Helmen mit undurchsichtigen, verspiegelten Visieren. Um sich gegen die vermeintliche Bedrohung der Optis zu wehren, werden Polizisten mit kybernetischen Rüstungsstücken ausgestattet oder in hochtechnisierte Kampfanzüge gesteckt. Es ist ein grausames Bild, das die Straße beherrscht.

Deus Ex: Mankind Divided führt uns in die Tschechische Republik, genauer gesagt in das selbsterkorene Zentrum der Ausbeutung von Augmentierten - das moderne Prag. Doch abseits von schicken Bankzentren, heruntergekommenen Hinterhöfen und slumartigen Neubauten bereisen wir diverse Schauplätze rund um den Globus. Doch da Prag eine immense Bedeutung im sich zuspitzenden Konflikt der „Natürlichen" mit den Augmentierten hat, spielt unsere Geschichte zu einem Großteil in dieser Stadt. Um zu verstehen, wie es zu dieser Eskalation gekommen ist, solltet ihr die Geschichte der Serie kennen, auch wenn die Entwickler meinen, dass Deus Ex: Mankind Divided eine eigenständige Erfahrung und komplett ohne Vorwissen spielbar sei. Zu Beginn des Spiels gibt es ein zwölfminütiges, optionales Einführungsvideo, das einem die Ereignisse von Deus Ex: Human Revolution in Erinnerung ruft und dabei hilft, in die zerrissene Welt von Deus Ex einzutauchen. Denn seit dem Vorfall in Panchaia hat sich einiges getan.

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Je nach Situation dürfen wir entweder ballern oder geräuschlos schleichen.
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Dort ist etwas geschehen, das die Erdbevölkerung in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unterteilte - unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Gesinnung. Seitdem werden die Optis - so werden diejenigen genannt, die ihren Körper durch Augmentierungen verstärkt haben - so gut es eben geht von den normalen Bürgern abgeschirmt. Augmentierte müssen beispielsweise jederzeit ihre aktuellen Aufenthaltspapiere vorzeigen können, um spontane Straßenkontrollen zu bestehen. In der U-Bahn dürfen sie nur vorgegebene Wagons benutzen. Wer fälschlicherweise in ein falsches Abteil einsteigt, erntet verängstigte Blicke seiner Mitreisenden und wird beim Ausstieg garantiert von einem wütenden Polizisten drangsaliert.

In dieser Welt spielt Deus Ex: Mankind Divided. Wir übernehmen in dem Action-Rollenspiel die Rolle von Adam Jensen, einem schwer augmentierten Ex-Sicherheitschef, der nun für ein streng geheimes Netzwerk aus Spionen und Agenten in Prag arbeitet. Durch seine zahlreichen Augmentierungen ist Jensen universell und unkonventionell einsetzbar, was ihm weitreichende Befugnisse einräumt. Je nach Situation dürfen wir entweder ballern oder geräuschlos schleichen. Doch der Einsatz dieser Kräfte ist begrenzt, denn die Augmentierungen verbrauchen Energie, die sich nur mit Biozellen auffrischen lässt. Diese Batterien sind universell einsetzbar und bringen auch andere Stromnetze und Fahrzeuge wieder in Gang. Mit einiger Übung und den entsprechenden Teilen stellt Jensen solche Biozellen sogar selbst her, trotzdem sollten wir sparsam damit umgehen.

Viele Gebiete sind so komplex gestaltet, dass ein einziger Spieldurchlauf wahrscheinlich nicht ausreichen wird, um alle Wege zu entdecken und die unzähligen Wertsachen und anderen wichtigen Objekte einzusacken. Neben dem fixen Missionspunkt gibt es häufig alternative Zugangspunkte, die versteckte Bereiche der Karte freischalten und somit noch einmal komplett neue Herangehensweisen an die unterschiedlichen Aufträge ermöglichen. Diese Vielfältigkeit und Entscheidungsfreiheit spiegeln auch die Augmentierungen wieder, die Jensen mit der Zeit freischaltet. Mit Körperaugmentationen haben wir die Kraft, brüchige Wände zu zertrümmern, besonders hoch zu springen oder tödliches Nervengas zu verarbeiten. Mit diesen Grundfähigkeiten ist man bestens gerüstet, um die umfassenden Gebiete der Storymissionen zu großen Teilen zu erkunden. Man spezialisiert sich entweder auf einen leisen oder lauten Spielstil.

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Mit Körperaugmentationen haben wir die Kraft brüchige Wände zu zertrümmern, besonders hoch zu springen oder tödliches Nervengas zu verarbeiten.

Wer noch mehr Freiheit in der eigenen Spielweise wünscht, benötigt raffiniertere Augs. Adam erhält mit der Zeit Zugriff auf neue, versteckte Augs, die ihm ungeahnte Fähigkeiten gewähren und das bekannte Gameplay tatsächlich herrlich durcheinander wirbeln. Er kann zum Beispiel einen aufgeladenen Wirbelwind aus seinem linken Arm verschießen, der Objekte und Gegner vor ihm aus dem Weg räumt und ein fantastisches Chaos anrichtet. Die meisten dieser neuen Technologien befinden sich jedoch in der Testphase und überlasten Adams System, bis wir es entsprechend aufrüsten. Machen wir das nicht, müssen bestehende Augmentierungen deaktiviert werden, um den Energiehaushalt im Gleichgewicht zu halten.

Natürlich kann man in Deus Ex: Mankind Divided ballern, aber das ist leider nicht unendlich unterhaltsam. Die KI reagiert in den meisten Fällen vorhersehbar, flankiert kaum und schickt einzelne Soldaten vor, um Geschehnisse zu untersuchen. Wenn unsere Feinde alarmiert sind, schießen sie wild drauf los, ganz egal, wer oder was gerade vor ihnen steht - verbündete Ziele inbegriffen. Die Waffenmechanik funktioniert mehr als solide, aber das Game ist meiner Meinung nach trotzdem kein Shooter. Es macht deutlich mehr Spaß, sich den Stealth-Restriktionen des Spiels zu unterwerfen und innerhalb dieser wirklich weiten Grenzen eine eigene Spielweise zu finden. Was mir persönlich auch nicht sonderlich gefällt, sind die Nahkampfangriffe. Diese werden immer noch mit einer Third-Person-Sequenz ausgeführt, was jedes Mal den (kurzen) Verlust über die Kontrolle unserer Spielfigur zur Folge hat.

Leider sind das nicht die einzigen Minuspunkte dieser Kritik. Meine PS4-Testversion von Deus Ex: Mankind Divided litt teilweise unter heftigen Stabilitätsproblemen, die in unserem Gamereactor-Netzwerk in dieser Form einzigartig zu sein scheinen. Die auftretenden Probleme sind jedoch so heftig, dass ich sie nicht nur anmerken möchte. Damit ist nämlich kein leichtes Stocken der Framerate gemeint, sondern tatsächlich Kaliber vom wiederholbarem Aufhängen der Konsole, Speicherdatenverlusten und regelmäßigen Spielabbrüchen. Allerdings wird ein Day-1-Patch erscheinen, der zum Testzeitpunkt nicht verfügbar war. Dazu gesellt sich eine qualitativ sehr uneinheitliche Synchronisation, in der viele Gespräche wunderbar, einige wenige wiederum sehr schlecht vertont sind. Im Deutschen klingt das manchmal so, als wären unzusammenhängende Versatzstücke aneinander gereiht worden, die sich überhaupt nicht aufeinander beziehen. Und mich ärgert dieses technische Auf und Ab so sehr, weil es an der ansonsten so hervorragenden Atmosphäre schabt und natürlich auch nervt.

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Der Breach-Modus ist eine tolle Bereicherung, die Langzeitspieler lieben werden.

Ein besonderes Highlight ist der Breach-Modus, der sich vorrangig an erfahrene Spieler richtet. In diesen kurzen Herausforderungen erspielen wir Punkte, indem wir Serverdaten herunterladen und Gegner ausschalten. Belohnungen und Extrapunkte gibt es für schnelle, präzise und allgemein bessere Durchläufe. Die abschließende Punktzahl wird mit anderen Spielern in einem Leaderboard verglichen. Die Missionen sind zwar nicht sonderlich abwechslungsreich, dafür begeistern sie mit einem interessanten Designansatz und spielerischer Motivation. Außerdem wird zumindest versucht, die kleinen Level mit einer Art Story zu verbinden, auch wenn das ehrlich gesagt nur halbwegs gut klappt. Deshalb ist der Breach-Modus gerade für Langzeitspieler empfehlenswert, zum Zocken wird allerdings eine aktive Internetverbindung benötigt.

Deus Ex: Mankind Divided ist ein tolles Spiel geworden, das mit erwachsenen Themen, einer fantastisch inszenierten Welt, spielerischer Freiheit und durchdachtem Gameplay punktet. Der Breach-Modus ist eine tolle Bereicherung, die Langzeitspieler lieben werden, da bin ich mir fast sicher. Perfekt ist das Game allerdings wirklich nicht. Mein Spielerlebnis war geprägt von technischen und konzeptionellen Fehlern, auch wenn die technischen Probleme niemand aus dem Gamereactor-Netzwerk bestätigen konnte. Für mich sind es diese qualitativen Schwankungen, die Deus Ex: Mankind Divided einen durchwachsenen Beigeschmack anheften und es meiner Meinung nach hinter Deus Ex: Human Revolution zurückbleiben lassen. Serien-Fans werden natürlich trotzdem auf ihre Kosten kommen und wenn erst der Day-1-Patch erscheint, haben sich die gröbsten Bugs hoffentlich erledigt.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
riesige Gebiete mit unzähligen Möglichkeiten, durchdachtes Aufstiegssystem, hoher Wiederspielwert
-
Adam manchmal furchtbar begriffsstutzig, FPS-Drops, nervige Bugs, KI kaum herausfordernd
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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